Was ist Trauma?

Ich weiss noch, wie verdutzt ich war, als ich in einem Nebensatz auf den Missbrauch hingewiesen wurde, den ich erlebt habe. Ich – Missbrauch? Das hätte ich nie, nie, nie zusammengebracht. Für mich war das normal, die Angst, die Unsicherheit, die Selbstzerstörungswut, alles.

In meinem Umfeld, meine Freundinnen, die hatten alle ähnliche Erlebnisse zu Hause. Keiner fand das besonders. Keiner hat Hilfe gesucht. Wir sind irgendwie gross geworden. Scheinbar erfolgreich haben wir versucht den Lebensplänen unserer Eltern gefolgt bis hin zur Selbstaufgabe. 

Es war normal für jeden anderen Menschen in der Familie in die Verantwortung zu gehen. Es war normal die anderen Familienmitglieder emotional auszugleichen. Es war normal Liebe und Leistung zu verwechseln. Und es war normal sich selbst permanent zu übergehen. Wenn ich ständig nach aussen schaue, beobachte, Angst habe, entwickle ich keine Gefühl für mich. Ich weiss nicht, wo ich anfange und wo ich ende, geschweige denn, was Grenzen sind.

Meist sind schon unsere Eltern genauso gross geworden und haben einfach das fortgesetzt, was sie erlebt haben. 

Ich kann nur das weitergeben, was ich selbst erfühlt habe. Alles andere ist graue Theorie. 

Als Kinder bauen wir uns Märchenschlösser im Kopf, träumen uns die Realität schön, verdrängen,  oder wir verschwinden einfach. Die meisten Menschen kennen den Zustand, wo sie zwar körperlich anwesend sind, aber doch nicht zu Hause. Das nennt man Dissoziation. Ein Schutzreflex, der uns später im Leben oft im Weg steht, ohne das wir das überhaupt realisieren.

Das vorherrschende Gefühl ist Angst, eine Angst, die uns so vertraut ist, dass wir sie nicht mal mehr als solche wahrnehmen. Wir sind emotional ausgerüstet, um zu überleben. Das Leben selbst mit seinen Angeboten und Möglichkeiten, macht uns Angst – Lebensangst. 

Es ist als stünden wir permanent auf der STOP-Taste. 

Ich kann das jetzt so schreiben, weil ich weiss, wie sich das anfühlt immer wieder frustriert zu sein von sich selbst, immer wieder vor Angst einzuknicken, immer wieder auf sich selbst wütend zu sein oder sich irgendwie minderwertig zu fühlen. 

Trauma ist nicht das, was wir erlebt haben, sondern dass, was in uns passiert als Reaktion auf die äusseren Umstände. In den letzten Jahren scheint es das neue Modewort zu sein. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass wir in einer zutiefst traumatisierten und traumatisierenden Gesellschaft leben.

Es ist nicht einfach sich dem zu entziehen, die Muster zu erkennen und zu heilen. Wenn ich am Anfang gewusst hätte, worauf ich mich einlasse – ich wäre nicht losgelaufen. Heute bin ich froh über das, was ich lernen und fühlen durfte. Dass Hilfe jederzeit verfügbar ist, wenn ich darum bitte – der Gedanke hat mich frei gemacht und beruhigt. 

Niemand muss diesen Weg allein gehen!!!

2 comments on “Was ist Trauma?

  1. Manu sagt:

    Angst, gehört die nicht im Leben dazu? Angst ist ein großes Wort, denke ich. Warum ist man wie man ist warum nehmen einen nicht alle so wie man ist und nörgeln rum über das was man sagt oder tut. liegt die schuld nicht doch bei einem selbst? Ich suche die Schuld immer bei mir. Seit geraumer Zeit hinterfrage ich Sachen, Situationen bevor ich ausspreche und handele. Es kommt nicht oft vor das einem gesagt wird ,schön dass es Dich gibt.
    Für mich stellt sich die Frage “ Wo fängt Missbrauch an?“ Google beantwortet einem die Frage und erst dann denkt man drüber nach, dass das Trauma auslöst. Ich weiß jetzt auch dass man den weg daraus nicht alleine gehen muss, überhaupt kann. Ich gehe den Weg ganz ganz langsam und bin froh dass ich Menschen habe, die ihn mit mir gehn.

    1. Ich weiß nicht, was die korrekte Definition ist. Ich würde sagen, wenn du im Interesse von jemand anders benutzt wirst und es dir schadet.

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